09 - Heuerhaus am Achteresch

Dieses Heuerhaus, das sich heute als großzügiges Landhaus präsentiert, war vor seiner Sanierung ein einfaches Landarbeiterhaus des Bauern Wecks. Zwei Heuerlingsfamilien lebten hier jeweils mit ihrem Vieh unter einem Dach.Heuerleute waren zu Beginn des 17. Jahrhundert vor allem in Nordwestdeutschland ein neues ländliches Proletariat, die von den Bauern eine Heuerstelle mit einem Heuerhaus und etwas Land pachteten. Da sie von der Landwirtschaft allein nicht leben konnten und in Nordwestdeutschland kaum Arbeit fanden, zogen sie in der Zeit zwischen Aussaat und Ernte als Wanderarbeiter in die Niederlande. Dort konnten sie innerhalb weniger Monate genug Geld verdienen, um die Pacht für die Heuerstelle zu bezahlen und über den Winter zu kommen. Die wichtigsten Herkunftsregionen der sogenannten Hollandgänger waren die heutigen Landkreise Emsland, Osnabrück, Cloppenburg und Vechta. Man kann davon ausgehen, dass in diesem Kerngebiet der Hollandgängerei damals wohl jeder dritte bis vierte erwachsene Mann ein Hollandgänger war. Freren lag im Zentrum dieser Region und wies während des gesamten Zeitraumes einen überdurchschnittlich hohen Anteil von Hollandgängern auf. Die Frerener Kirchenbücher nennen für das Jahr 1665 eine Anzahl von über 60 Personen, die als Wanderarbeiter in die Niederlande gingen. Im 17. und 18. Jahrhundertsind dort zahlreiche Einwohner des Kirchspiels eingetragen, die während der Arbeitssaison in den Niederlanden verstorben waren.Häufig wurden Heuerhäuser aus wiederverwendeten Bauteilen von älteren Fachwerkhäusern zusammengebaut. So zeigt auch dieses Haus an der einen Giebelseite einen alten Torbogen aus dem Jahre 1709. Die Inschrift auf dem Giebelbalken an der anderen Seite berichtet jedoch vom Neuaufbau des Hauses 1850.Große Fenster mit Butzenscheiben und ein Schieferdach hatte das Gebäude damals natürlich noch nicht, sondern Holzklappen und ein Strohdach. In jeder der beiden Landarbeiterwohnungen brannte ein offenes Herdfeuer.

"Lieber ein Kind verlieren als eine Kuh..." Über ein sensibles Thema der regionalen Geschichte

von Bernd Roben

JAHRBUCH DES EMSLÄNDISCHEN HEMIATBUNDES BAND 60 2014

 

Der jüngeren Generation ist der Begriff "Heuerlingswesen" vielfach schon gar nicht mehr geläufig. Dabei war diese Sozialisationsform bis etwa 1960 im ländlichen Bereich Nordwestdeutschlands stark verbreitet. ln einem Gebiet vom nördlichen Ruhrgebiet bis an Ostfriesland heran und von der niederländischen Grenze bis fast nach Hannover gab es Heuerleute, und in etlichen Orten stellten sie mehr als die Hälfte der Einwohnerschaft. Das Heuerlingswesen erfüllte eine wichtige ge­sellschaftliche Funktion,  gab es doch den nachgeborenen- weniger erbenden  -Töchtern und Söhnen sowohl der Bauern als auch der Heuerleute für eine be­stimmte geschichtliche Periode die Möglichkeit, zuheiraten und auf dieser Basis eine zumeist sehr bescheidene Existenzzugründen.

Allerdings hat sich dann im Laufe der letzten vierhundert Jahre auch deutlich gezeigt, dass sich in diesem Zusammenleben von landbesitzenden und landlosen Menschen auf engem Raum zwischenmenschliche Probleme nahezu zwangsläufig entwickeln mussten. Wie problematisch sich auch bis heute noch diesesThema darstellt, beschreibt eine emsländische Studentin in ihrer Examensarbeit ...... 

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