Nach der Eröffnung des Bahnhofs Freren entwickelte sich die Bahnhofstraße zur Hauptstraße der Stadt.
Durch einen Brand an der Einmündung zur Kirchwallstraße wurden 1911 drei Gebäude zerstört und in moderner Form wieder aufbaut. Die frühere Bäckerei Stöppel in der Bahnhofstraße 10 entstand 1911 im Baustil des Historismus. Im selben Jahr wurde das frühere Wohnhaus Kloppenborg in der Bahnhofstraße 14, heute Oudemaat, als Villa im Stil des Neubarock aufgeführt. Gleichfalls 1911 konnte das ausgebrannte Haus der Familie Siepenkort in der Bahnhofstraße 16 wieder aufgebaut werden. Der Architekt Fritz Diekmann entwarf 1928 den Anbau eines Kaufhauses im „Klinkerstil“ der 1920er. Gemäß dem Motto „Immerfort Siepenkort“ bestand hier von 1880 bis 2003 ein typisches ländliches Kaufhaus. Die Straße änderte zwischenzeitlich ihren Namen: Nach einstimmigen Beschluss der Bürger-Vorsteher-Sitzung am 1. April 1933 wurde sie vom Marktplatz bis zur Beestener Straße zur „Adolf-Hitler-Straße“.
Die Westseite der Bahnhofstraße - heute Häuser Bahnhofstraße 10, (Haus Nr. 12 gibt es nicht), 14 (Oudemaat) und 16 (Siepenkort) brannte 1911 ab.
Nach dem Brand entstanden hier folgende Gebäude:
Bahnhofstraße 10 (früher Bäckerei Stöppel)1911 erbaut als zweigeschossiger, traufenständiger Backsteinbau im Baustil des Historismus
Bahnhofstraße 14 (früher Wohnhaus Kloppenburg, heute Oudemaat)1911 erbaut als Villa im Stil des Neubarock, ursprünglich Wohnhaus der Familie Kloppenburg
Bahnhofstraße 16 (Siepenkort)Der rechte Teil 1911 zunächst auf den Ruinen des ausgebrannten Vorgängerbaus als eingeschossiges Geschäftshaus wieder aufgebaut.1928 links Anbau eines zweigeschossigen Kaufhauses mitrückwärtigem Wohnhaus im expressionistischen Backsteinstil der 1920er Jahre (Architekt: Fritz Diekmann, Freren).Um 1960 Aufstockung und Umbau des rechten Gebäudeteils.
Bahnhofstraße 18Das heute ziemlich heruntergekommene Haus links neben Siepenkort war Anfang des 19. Jahrhunderts das Wohnhaus des Obervogtes Rump, das im Kern noch erhalten ist.1826 wurde es zur Katholischen Schule umgebaut und 1901 noch einmal zu Lehrerwohnungen umgestaltet. In den 1960er Jahren gelangte das Haus in private Hände und erhielte einen hellen Verputz. (Angaben nach: Fritze, Freren – Kleine Stadt im Emsland, S. 383)
Auf der Ostseite der Bahnhofstraße stand hier Anfang des 19. Jahrhunderts das alte Frerener Vogteigebäude oder Amtshaus, später Gaststätte Keil-Hülsmann, heute Profimarkt Siepenkort, Bahnhofstraße 17 A.
Links davon stand an der Ecke zur Kirchwallstraße das Gebäude der alten Stadtschänke, später entstand hier der Neubau der Kreuz-Apotheke.
Rechts hinter dem heutige Profimarkt Siepenkort wurde 1901 ein Neubau der Katholischen Volksschule errichtet, ein zweigeschossiger Backsteinbau mit einem übergiebelten Ausbau zur Bahnhofstraße. Nach Aufgabe der Schulnutzung kaufte Siepenkort 1965 das Schulgebäude und ließ es zu Wohnungen umbauen.
Bahnhofstraße 23Das zweigeschossige Traufenhaus aus Fachwerk mit einer klassizistischen Steinfassade wurde Anfang des 19. Jahrhunderts vom Lingener Apotheker Donckermann als Apothekengebäude errichtet. Inhaber der Apotheke waren Dockermann, Jaenecke, Timmermann, Zwingmann und Möller (Nach den Unterlagen von Dr. Hans Slemeyer).
In einer Beschreibung von 1788 heißt es: „Die Stadt Freren ist ein offener Ort, ernährt sich größtenteils vom Ackerbau und Viehzucht, in selbiger sind nur 57 meist schlecht gebaute Häuser. Die Personenzahl beläuft sich auf 315.“ Und eine Statistik aus dem Jahre 1804 berichtet, dass von den damals 75 Gebäuden in der Stadt Freren nur ein einziges ganz aus Stein gebaut sei - die Evangelische Kirche.Alle übrigen Häuser der Stadt waren damals noch Fachwerkbauten, hatten nur ein Geschoss und ein großes Dielentor zur Straße. Die geräumige Diele diente als Laden, Werkstatt oder Arbeitsraum. In jedem Haushalt wurde bis weit in das 19. Jahrhundert noch Vieh gehalten. Der Wohnteil bestand aus einer großen Küche mit einem offenen Herdfeuer, das vor einer gefliesten Kaminwand brannte. Auf der Rückseite des Hauses befand sich das „Kammerfach“ mit kleinen Zimmern und einer unterkellerten Upkammer.
Steinbauten im Stil des Klassizismus
Als erstes zweigeschossiges Massivgebäude mit einer Haustür anstelle eines Dielentores entstand um 1825 das Kaufmannshaus Pott (später Holtmann-Lücking) am Markt. Seine Fassade mit streng achsialer Gliederung und flachem Dreiecksgiebel ist ein Musterbeispiel für die Baukunst des Klassizismus. Leider ging der schön gestaltete Hauseingang beim Einbau großer Schaufenster Anfang der 1960er Jahre verloren.Auch die frühere Apotheke an der Bahnhofstraße folgt dem von der Antike geprägten Baustil des Klassizismus. Das zweigeschossige Traufenhaus wurde noch in traditionellem Fachwerk erreichtet, die Straßenseite erhielt jedoch einen Quaderputz, so dass das Haus wie ein Massivbau wirkt. Die Haustür zeigt noch die klassizistische Umrahmung mit antiken Zierelementen.
Viele kleine Giebelhäuser erhielten in der Zeit des Klassizismus neue Außenwände aus Backstein und eine massive Fassade mit umrahmter Haustür und achsialer Fenstergliederung. An die Stelle der älteren Spitzgiebel trat hier ein abgewalmtes Dach mit einem umlaufenden Kranzgesims. Erhaltene Beispiele für diese Gestaltungsweise sind die Häuser Marktstraße 1 und Mühlenstraße 9 (Wintering), beide mit älterem Gebäudekern. Diese Häuser hatten keine große Diele mehr, sondern einen Längsflur mit beidseitigen Zimmerfluchten.
Bauten des Historismus
Ab etwa 1870 traten bei den Neubauten in Freren Wohn- und Geschäftshäuser nach modernem städtischen Vorbild an die Stelle der älteren Dielen- und Flurhäuser. Die meisten Neubauten standen mit der Längsseite zur Straße. Aufwendige Dachausbauten und Vorbauten gaben den Straßenfronten ein repräsentatives Gepräge.Ein Musterbeispiel für die Baukunst des Neo-Renaissance in der Zeit des Kaiserreiches ist das zweigeschossige Geschäftshaus des früheren Kaufmanns Kloppenburg an der Ecke Marktstraße/Königstraße, das bei seinem Bau genau in die Sichtachse der Mühlenstraße platziert wurde.Entlang der Bahnhofstraße finden sich mehrere Häuser im Stil des Neubarock, aber auch im Heimatstil und im Jugendstil. Sie stammen allesamt aus der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Roter Backstein, helle Putzfelder, Zierelemente aus Zementstuck und aufwendig dekorierte Holzausbauten sind typische Stilelemente jener Zeit.Ein schönes Beispiel für den Neubarock ist die frühere Villa Kloppenburg (heute Oudemaat) an der Bahnhofstraße 14, die 1911 nach einem Brand neu errichtet wurde. Das Haus Markt 3 (Dr. Bannert) wurde im späthistoristischen „Heimatstil“ errichtet und zeigt am Dachausbau typische Holzbauelemente des „Schweizerhaus Stils“, die in der Zeit um 1900 sehr beliebt waren. Nach den gleichen Gestaltungskriterien, die man auch wohl als „Laubsägestil“ bezeichnet, entstand auch das Haus Grulandstraße 2 (heute Planungsbüro Stelzer).
Zick-Zack-Moderne in Freren
In den 1920er Jahren war die spielerische Gestaltung des Historismus nicht mehr gefragt. Es entstanden nun zahlreiche Klinkerbauten im Stil des Backstein-Expressionismus, der damals – im Gegensatz zum nüchternen Bauhaus-Stil – auch als „Zick-Zack-Moderne“ bezeichnet wurde. Kubische Baukörper mit harten Konturen und Brüchen, kantige Ziegelornamente und Zackenfriese zeichnen diese typisch norddeutsche Bauweise aus, für die sich in Freren zahlreiche qualitätvolle Beispiele finden, u.a. an der Bahnhofstraße (Geschäftshaus Siepenkort), der Kirchwallstraße, der Königstraße und der Kaiserstraße. Die aus der Industrie- und Großstadtarchitektur stammende Bauweise des expressionistischen Klinkerstil gab dem Frerener Straßenbild damals ein ebenso städtisches wie modernes Gepräge.Urheber dieser Bauten war in den meisten Fällen der Architekt Fritz Diekmann, der außer für Schulen, Wohnbauten und Geschäftshäuser auch für manches Bauernhaus in und um Freren die Entwürfe lieferte.
Die elegante Putzfassade des früheren Cafés Roth an der Marktstraße, entstanden 1926, zeigt Merkmale des französischen Art Déco Stils. Seine dekorative Ornamentik fand damals auch im Innenausbau, im Möbelbau und bei Malerarbeiten reiche Verwendung.Um diese Zeit verschwanden die letzten Fachwerkhäuser und Dieletore aus dem Frerener Straßenbild. An die Stelle dörflicher Architektur trat eine geschlossene kleinstädtische Bebauung in modernen Bauformen.