13 - Ehemaliges Elektrizitätswerk

„Am Donnerstag brannten zum ersten Mal die elektrischen Straßenlaternen und beleuchteten hell das Straßenbild“. So beschrieb das Frerener Volksblatt am 3. Dezember 1910 die vom Bürgermeister Kloppenburg geplante und schließlich realisierte elektrische Straßenbeleuchtung mit 20 über das Stadtgebiet verteilten Laternen, die mit der Errichtung des Elektrikzitätswerks am Hohen Weg durch den Privatunternehmer Grotewold aus Berlin Ende 1910 ermöglicht wurde. Bis dato wurden die Straßenlaternen mit Petroleumlampen betrieben (bis auf einige Gewerbetreibende, die sich bereits eine Acetylenanlage zugelegt hatten) und man erhoffte sich mit dem neuen Elektrizitätswerk neben der Straßenbeleuchtung nun auch die Versorgung des engeren Stadtgebietes zu ermöglichen. Dementsprechend bezeichnete das Frerener Volksblatt das Elektrizitätswerks für die Stadt als einen „Markstein zu einer kräftigen aufstrebenden Weiterentwicklung“, doch hatte das Werk derart häufig Betriebsstörungen, dass weiterhin Kerzen und Karbidlampen bereit gehalten werden mussten. Erst 1927 wurde Freren an das Überlandnetz eines Versorgers angeschlossen. Das alte Werksgebäude diente anschließend Wohnzwecken.

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Artikel
Im Jahr 1920 hat Julius Gast (aus Berlin) mit seinem Sohn Ernst das E-Werk übernommen.

 

Das Frerener Elektrizitätswerk 1918 - 1933

Viel Ärger hatten die Frerener mit ihrem Elektrizitätswerk, das ab Mitte November 1918 immer wieder wegen Maschinenschäden aus­fiel, so daß die Bevölkerung auf Petroleum und Kerzen zurück­ greifen und man selbst in den Weihnachtsgottesdiensten auf elek­trisches Licht verzichten mußte. Erst in der zweiten Januarwoche1919 konnte das E-Werk wieder Strom liefern. Ende Januar 1919 kam die Unzufriedenheit der Bevölkerung auch in einer Bürgervorsteher­sitzung zur Sprache, zumal der Besitzer den Preis für 1 Kilowatt­stunde (kwh) ab 1.1.von 60 Pf auf 1M erhöht hatte und gleich­falls die Zählermiete. Es wurde in Erwägung gezogen, ein stadt­eigenes E-Werk zu bauen, falls die Betriebsstörungen anhielten. Ein Bürgervorsteher erbot sich, unentgeltlich ein Grundstück für ein neues E-Werk zur Verfügung zu stellen.

Nach schriftlicher Verhandlungen bot der Besitzer des E-Werkes, Herr Grotewold, Berlin, dieses Ende Februar 1919 der Stadt Freren für 53.000 M zum Kaufe an. Die Stadt beauftragte Sachverständige mit einer Überprüfung des Preises. Fragen des E-Werkes wurden dann in einer Bürgerversammlung am 30.6.1919 im Saale Roth erörtert. Bürgermeister Kloppenborg berichtet, daß Herr Gratewald jetzt einen höheren Preis fordere. Nach längerer Diskussion wurde beschlossen, auf einen Ankauf zu verzichten. Für den Betriebsleiter Weihs, der in Fürstenau wohnte, solle eine Wohnung in Freren beschafft werden, damit er bei Störungen rascher zur Stelle sein könne. Ihm wurde eine Wohnung im westlichen Gerichtsgebäude verschafft. Ab 1.9.1919 erhöhte das E-Werk die Strompreise für Licht auf 1.20 M und für Kraft auf 0,60 M pro kwh wegen der Steigerung der Kohlen­ preise und unerwartet eingetretenen Lohnerhöhungen.

Der Betrieb des E-Werkes wurde dann, im Jahre 1920 von Julius Gast (aus Berlin) mit seinem Sohn Ernst als Betreiber das E-Werk übernommen. Von da an waren Betriebsstörungen wesentlich seltener.

In einer Versammlung, die in der Gastwirtschaft Köllen Anfang Januar 1921stattfand, legte Herr Gast den Einwohnern von Ostwie die Vorteile einer Elektrifizierung dar; es wurde be­schlossen, sie nunmehr in Angriff zu nehmen. Mitte 1921war sie ab­geschlossen, "von den Einwohnern mit Freude begrüsst".

Am Steigen der Strompreise, was vor allem auf die Erhöhung der Kohlenpreise und die Anhebung der Bahnfrachtkosten zurückzu­führen war, läßt sich auch die immer schwieriger werdende Wirt­schaftslage des Deutschen Reiches ablesen. Ab 11.2.1923 gab es wegen Kohlenmangels nur noch von nachmittags 2 Uhr bis 7 Uhr morgens Strom. Entsprechend stiegen auch die Mieten für die Zähler, ab 1. März 1923 auf 2021 M. Ende August 1923, die Inflation hatte fast ihren Höhepunkt erreicht, beschlossen die Stromerzeuger des Kreises Lingen, für eine Kilowatt­stunde den Preis eines halben Zentners Kohle zu berechnen. Doch auch nach der Inflation gab es Ärger mit den Strompreisen. So be­schlossen die Bürgervorsteher am 29.2.1924, wegen willkürlicher Er­höhung der Zählermieten Protestschreiben an den Besitzer des E-Werkes zu schicken. Bereits im Jahre 1920 hatten die Diskussionen und Ver­ handlungen über eine überregionale Stromversorgung des Kreises Lingen begonnen. Im Juli 1921 beschloß der Kreistag den Bau eines Wasser­kraftwerkes an der Ems bei Hanekenfähr. Die Kosten in Höhe von rd. 10 Millionen Mark sollten je zur Hälfte von der Stadt und vom Kreis aufgebracht werden. Das neue E-Werk sollte im Herbst 1922 seinen Be­trieb aufnehmen.

Am 30.1.1922 trafen sich die Betreiber von E-Werken des Kreises Lingen in Rheine, Thema: Behebung der Not der kleinen E-Werke. Da die Kohlenpreise jetzt um 35 - 40 fach höher seien als in Frie­denszeiten, das Öl um das 50 -100 fache, könne die Kilowattstunde nicht unter 10 M erzeugt werden. Kritik wurde an der Planung des E-Werkes Hanekenfähr geübt: seit 2 Jahren werde ohne jedes siehtbare Ergebnis projektiert. In einer Bekanntmachung vom 15.2.1922 trat der Vorsitzende des Kraftwerksausschusses des Kreistags, Landrat Dr. Pantenburg, den Zweifeln entgegen. "Die Ausnutzung der Wasserkräfte ist ein Gebot der Kohlennot und unserer ganzen wirtschaftlichen Verhältnisse", hieß es darin. "Die persönlichen Interessen Einzelner müssen gegenüber dem Gemeinwohl zurücktreten". 

Am 6.7.1922 berichtete indessen das FV, der Kreistag habe beschlossen, das Wasserkraftwerk Haneken­ fähr nicht zu bauen; die Stadt Lingen gründe eine neue Gesell­schaft für den Bau eines Kraftwerkes Hanekenfähr. Am 30.6.1923 hieß es dann aber, das Wasserkraftwerk Hanekenfähr solle doch gebaut werden. Der Kreistag habe zur Sicherstellung der Strom­versorgung in den noch nicht versorgten Gemeinden des Emslandes die Emsland GmbH gegründet. Eingehende Wirtschaftlichkeitsbe­ rechnungen sprächen für das Wasserkraftwerk "unterstützt durch eine Wärmezentrale" (offenbar war eine Kombination von Wasser­ und Kohlekraftwerk vorgesehen). Es sei wichtig, auch in Verhand­ lungen mit vorhandenen Zentralen zu treten, am günstigsten sei ein Anschluß an das Heseper Torfwerk, das ohnehin einen Ausbaupläne, um den Absatz von Torf sicherzustellen; doch habe dieses Werk unannehmbare Bedingungen gestellt. Bessere Aussicht auf Er­folg hatten Verhandlungen mit den Niedersächsischen Kraftwerken AG (Nike), lbbenbüren/Osnabrück. In einer Sitzung des Kreistages vom 24.2.1925 beschloß dieser dann, die Elektrizitätsversorgung des Kreises Lingen den Vereinigten Elektrizitätswerken Westfalen (VEW) zu übertragen, und mit diesen einen Stromlieferungsvertrag abzuschließen. Für die Stadt Lingen hatte kurz zuvor die Emsland GmbH einen Vertrag mit der Nike abgeschlossen, der offenbar unbe­rührt blieb.

"Somit wird die Stadt Freren eine neue Lichtquelle erhalten, obwohl das hiesige Werk unter der Leitung den Herren Gast und Lange gut funktioniert", hieß es im FV vom 26.2.1925. "Der Strompreis beträgt nach dem neuen Lieferungsvertrag 38 bzw.14 Pf". Die VEW bauten nun zügig das Leitungsnetz im Kreise aus. Die Ge­meinden mußten 20 % der Kosten der Hochspannungsleitungen der Ortsnezte ab Transformator und 40 %der Kosten der Niederspannungsnetze tragen. Der Strompreis orientierte sich am Kohlenpreis. Am 30.11.1926 hatten die Bürgervorsteher eine Kommission für die Verhandlung mit den VEW gebildet. Zum Anschluß der Gemeinde Freren kam es dann im Jahre 1927.

Am 30.3.1927 konnte man im FV lesen:

"Der bevorstehende Anschluß des Frerener Orts­netzes an die Überlandzentrale wird uns Dreh- und Wechselstrom bringen, Drehstrom für Motoren. Nicht mehr einen Plus- und einen Minusleiter, sondern 3 stromführende Leiter für die 3 verschiedenen Phasen des Wechselstromes. Für Lichtleitungen wird Wechsel­strom verwandt. Zum Anschluß benötigt man 1 Phase und die Erdleitung. Der Dreh- und Wechselstrom hat den Vorzug der Transformierbarkeit. Wir können von unserem Hausnetz ausgehend beispielsweise auf eine Spannung von 4 Volt herunter transformieren und unsere Klingelleitung an den Hauptstrom anschließen. Der Ärger mit den Elementen hört auf. Die Drehstrom­ motoren sind in ihrer Konstruktion einfacher und daher billiger".

Am 24.8.1927 berichtete das FV, daß die Stadt einen Vertrag mit den VEW abgeschlossen habe, und daß dieser von den zuständigen Gremien gebilligt worden sei. Der Vertrag mit den VEW sah u.a. vor:

1) Eine einmalige Verlustentschädigung von 5000 M an die VEW.

2) Erhöhte Strompreise (statt Normalpreis von 20 bzw. 40 Pf. für Kraft bzw. Licht 25 bzw. 50 Pf. bis Ende 1928).

3) Austausch der Zähler zu halben Kosten.

4) Kostenlose Aufstellung von 25 Straßenlampen.

5) Zahlungserleichterung für die Änderung der Hausanlagen.

Die VEW hatten bereits im März 1927 das Frerener E-Werk gekauft. Herr Julius Gast wurde Mitarbeiter der VEW. Ernst Gast machte sich später als Elektoinstallateur selbständig.

Die Einwohner wurden nun von der Stadt und den umliegenden Gemeinden aufgefordert, einen Anschluß an das VEW-Netz zu beantragen und für die Umstellung des Hausnetzes Kostenvoranschläge einzu­holen; die Firmen Ernst Gast und Gregor Menke boten dafür ihre Dienste in Anzeigen an. Im Oktober stellten die VEW Leitungsmasten für das Frerener Orts­netz auf. "0b wir damit besser fahren als mit unserem bisherigen Werk", fragte das FV am 10.10. "Jedenfalls wird Licht und Kraft sich billiger stellen als bisher, aber Betriebsstörungen werden des öfteren in Erscheinung treten".

Das Frerener E-Werk hauchte derweilen mit einer letzten Störung seinen Geist aus. Das FV berichtete am 19.11.1927:

''Seit langer Zeit schon war das elektrische Lich so schwach, daß man kaum dabei lesen konnte,bis nun am Montag das selbe völlig versagte. Nun waren wir fast eine qanze Woche ohne Licht, da die Maschine reparaturbedürftig wurde. Aushilfsweise wurde Ersatz geliefert und werden wir am Samstagabend wieder Licht bekommen?"

Ab dem 19. November war dann auch das Frerener VEW-Ortsnetz  in Betrieb. Das alte Leitungsnetz konnte im Februar 1928 abgebrochen werden; das alte E-Werk mit dem rd.1000 qm großen Grundstück wur­de Ende 1928 von der Stadt für 2800R M vond en VEW erworben und Mitte 1930 an den Malermeister Heinr. Kreckler für 3300 RM verkauft. Ende 1928 schlossen auch die beiden Andervenner Gemeinden einen Vertrag mit den VEW, nach dem sich in einer Versammlung eine große Mehrheit dafür ausgesprochen hatte; die Kosten der Ortsnetzes beliefen sichauf 14800 RM. Ende 1929 beschloß auch die Gemeinde Setlage den Anschluß; ein von Lehrer Rechtien in einer von ihm berufene nVersammlung  vorgelegter Kostenverteilungsplan fand alleeseits Zustimmung. Die Befürchtung,  daß man auch im VEW-Stromnetz viele Störungen und Abschaltungen hinnehmen müsse,erwies sich bald als unbegründet. Allerdings hatten die VEW nun eine Monopolstellung, doch waren sied amals noch kein auf Gewinne ausgerichtetes Unternehmen.

 Auszug aus "FRIDUREN-FREREN" von Hans Slemeyer S. 833-837

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Artikel
Zur Geschichte der Elektrifizierung des Emslandes

von Claus Veltmann

  • JAHRBUCH DES EMSLÄNDISCHEN HEIMATBUNDES Band 24 1978

Seit mehreren Jahrzehnten ist das Emsland flächendeckend elektrifi­ziert, und für seine Bewohner ist die Verfügbarkeit von Strom aufgrund eines dichten Versorgungsnetzes heute eine Selbstverständlichkeit. Die­ses dichte Versorgungsnetz ist das Resultat einer Entwicklung, die am Anfang dieses Jahrhunderts begann und sich über zwei Jahrzehnte hin­ zog. Im folgenden soll der Prozeß der Elektrifizierung des Emslands nachgezeichnet werden, wobei vor allem Akten der Bezirksregierung in Osnabrück aus dem Zeitraum von 1910 bis 1930 die Quellengrundlage der Darstellung bilden. Spezifische Literatur zur Geschichte der Elek­ trifizierung  des Emslands gibt es, zum Beispiel im Gegensatz zur Graf­schaft  Benthein, nicht, und in den Festschriften der Energieversorgungsunternehmen wird das Emsland  nur am Rande erwähnt, da es an der Peripherie von deren Versorgungsgebieten lag.

Bahnbrechend für die Anwendung der Elektrizität als universale Kraft ­ quelle war die Erfindung des Elektromotors- der "Dynamomaschine" - durch  Werner von Siemens im Jahre 1866 und dessen  Weiterentwick­ lung in den darauffolgenden Jahrzehnten. Diese neue Kraftquelle löste die Dampfmaschine als Antriebsmaschine in Industrie und Gewerbe ab, deren Kraft umständlich  durch Transmissionsriemen auf die Arbeitsma­schinen übertragen werden  mußte. Der  Elektromotor hingegen setzte die elektrische Energie  an der Arbeitsmaschine selbst zu deren  Antrieb um, was weitreichende Folgen  für die Produktion hatte: Immer mehr Teilvorgänge konnten mechanisiert und dezentralisiert werden, durch elektrisch angetriebene Kräne und Hebewerkzeuge wurde die Mobili­tät in der Werkhalle erhöht , die Arbeitssicherheit stieg......

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